Vieweg Programm Didaktik
Wolfram Koepf
DERIVE für den Mathematikunterricht
1996. XVI, 186 Seiten, 70 Abbildungen, mit Diskette,
DM 59,80, ISBN 3-528-06752-7
Das Buch ist vergriffen. Daher kann es HIER
heruntergeladen werden.
Dieses Buch orientiert sich am Schulstoff der Sekundarstufe II und
wendet
sich an Lehramtsstudenten und interessierte Lehrer, die sich in das
Mathematikprogramm
DERIVE einarbeiten möchten, um es dann im Unterricht, insbesondere
in
Leistungskursen Mathematik, zu benutzen.
Der Autor hat viele neue
Funktionalitäten in DERIVE programmiert, die die Bearbeitung der
behandelten Themen unterstützen und zum Teil erheblich
vereinfachen.
Diese können von der beiliegenden Diskette geladen werden.
Als zusätzliche Hilfestellung sind die gesamten DERIVE-Sitzungen
sowie die
bearbeiteten Übungsaufgaben der beiden anderen Lehrbücher von
Wolfram Koepf
Mathematik mit DERIVE und Höhere Analysis mit DERIVE
auf der Diskette enthalten.
Prof. Dr. Wolfram Koepf lehrt
und forscht an der Universität Kassel.
Er ist ein international anerkannter Fachmann für den Einsatz von
Computeralgebrasystemen im Mathematikunterricht.
Inhaltsangabe
Kapitel 1: Geometrie . Dreiecksgeometrie ohne Trigonometrie .
Graphische Darstellung der Dreiecksgeometrie . Gleichseitige Dreiecke .
Dreiecksgeometrie mit Trigonometrie . Iterative Berechnung der
Kreiszahl
Kapitel 2: Kurven zweiter Ordnung . Die Ellipse . Die Parabel .
Die Hyperbel . Drehungen . Polarkoordinatendarstellungen
Kapitel 3: Iterationsverfahren . Iteration und Fixpunkte . Das
Newtonverfahren . Divergente und chaotische Iteration . Das
Bisektionsverfahren . Verbessertes Newtonverfahren
Kapitel 4: Interpolationspolynome . Die Formel von Lagrange .
Polynomapproximation von Funktionen . Genauere Näherungswerte
trigonometrischer Funktionen . Fehlerrechnung für die
Lagrange-Interpolation . Das Sinusprodukt
Kapitel 5: Flächenberechnung . Regelmäßige
arithmetische Zerlegungen . Regelmäßige geometrische
Zerlegungen . Numerische Integration . Graphische Darstellung der
Integrationsverfahren . Volumina und Oberflächen von
Rotationskörpern
Kapitel 6: Partielle Integration . Unbestimmte Integration .
Integrale von Potenzen . Bestimmte Integration . Schlecht
konditionierte Probleme . Integrale, bei denen DERIVE scheitert
Kapitel 7: Potenzreihen . Integralformeln mit DERIVE . Beweis
durch Substitution . Die Logarithmus- und Arkustangensreihe .
Randverhalten der Reihen . Die Exponentialreihe
Kapitel 8: Die Goldbachsche Vermutung . Goldbachzerlegungen .
Asymptotische Betrachtungen . Goldbachzerlegungen großer ganzer
Zahlen
Kapitel 9: Lineare Gleichungssysteme und Matrizen . Lineare
Gleichungssysteme . Matrizen und Kondition . Die Hilbertmatrix
Kapitel 10: Einfache Differentialgleichungen . Warum
Differentialgleichungen? . Trennung der Variablen .
Orthogonaltrajektorien . Lineare Differentialgleichungen erster Ordnung
. Die Schwingungsgleichung
Kapitel 11: DERIVE-Funktionen
Kapitel 12: Quellennachweise
Vorwort
Vor einigen Jahren habe ich anläßlich meiner
Analysis-Vorlesungen am
Fachbereich Mathematik der Freien Universität Berlin die beiden
Bücher
In einer Rezension, die im Zentralblatt für Didaktik der Mathematik 26 (1994), 143-146, erschien, schrieb Dr. Leo Klingen über das erste dieser Bücher:
Aus der Sicht des Rezensenten stellt das Buch mit dem umfangreichen begleitenden Übungsapparat eine ideale Wiederauffrischung der klassischen Anfängervorlesung für jeden Gymnasiallehrer dar, für den sie zu Beginn seines Studiums zum Pflichtpensum gehörte.(...) Die herkömmliche Literatur zur Analysisvorlesung kann man in zwei Gruppen gliedern. (...) Nun kommt mit dem vorliegenden Band von Koepf u. a. eine dritte Variante hinzu: durch eine straffe, aber trotzdem gut lesbare Darstellung wird der Platz gewonnen, zahlreiche DERIVE-Mustersitzungen und über 450 (!) Übungsaufgaben (überwiegend mit DERIVE lösbar) sowie einen Anhang mit einer Einführung in DERIVE unterzubringen, ohne daß eine große Linie des Zusammenhangs gestört wird (wozu auch der gelungene Satz des Hauptautors Koepf beiträgt). (...)
Eine Gesamtwürdigung des Buches darf zunächst ein Gedankenexperiment durchführen: wenn man alle DERIVE-bezogenen Teile streicht, stellt der Torso immer noch ein brauchbares, straff organisiertes und lesbares Kompendium für die Anfängervorlesung dar. Wenn man aber diese Teile wieder hinzufügt, resultiert eine Studienhilfe, die ihresgleichen sucht! (...) M. E. ließe sich etwa für ein Fernstudium keine bessere Lektüre finden, die zugleich eine hochwirksame Selbstkontrolle auswirkt.
Da sich an deutschen Hochschulen eher die voll programmierfähigen Computeralgebrasysteme Maple und Mathematica etabliert haben, (aber auch diese Programme werden noch nicht besonders häufig eingesetzt,) stellte sich heraus, daß meine Bücher vor allem von Lehrern an Schulen gekauft wurden, die sich Gedanken über die Einbindung eines solchen Systems in ihren Unterricht machten.
Auf der anderen Seite aber waren meine Bücher ja nun nicht explizit für diesen Personenkreis geschrieben worden, geschweige denn für den direkten Einsatz im Schulunterricht.
Diesem Mangel soll das vorliegende Buch abhelfen. Bei der Auswahl der Themen wurde hauptsächlich an den Einsatz in der gymnasialen Oberstufe gedacht. Teile des Buchs können hierbei im Grundkurs eingesetzt werden, andere Teile wiederum bieten sich für den Leistungskurs an. Ich bin der Meinung, daß ein Programm wie DERIVE nicht zu früh im Schulunterricht verwendet werden sollte, weshalb ich mich auf diese Leistungsstufe konzentriert habe. Außerdem gibt es für den Einsatz in der Sekundarstufe I bereits einige andere Bücher.
Ich habe versucht, die Kapitel weitgehend unabhängig zu gestalten. Daher kann die Lehrerin oder der Lehrer ohne weiteres ein einzelnes Kapitel oder auch einen einzelnen Abschnitt herausgreifen und als Unterrichtseinheit verwenden. An wenigen Stellen werden zwar Querverweise auf andere Kapitel vorgenommen, allerdings hauptsächlich, um mathematische Querverbindungen zwischen den verschiedenen Themen herzustellen. Zum Verständnis ist es an diesen Stellen aber nicht erforderlich, das jeweilig zitierte Kapitel im Unterricht durchzunehmen.
Ich möchte an dieser Stelle die Auswahl der für dieses Buch ausgesuchten Themen begründen, denn nicht alle behandelten Teile stehen im Lehrplan der Oberstufe. Dies hat aber seine Gründe. Ganz generell bin ich der Überzeugung, daß der Einsatz von DERIVE den Mathematikunterricht der Zukunft verändern wird. Genauso, wie der Taschenrechner die Untersuchung anderer mathematischer Fragestellungen möglich (und notwendig) machte, liefert der Einsatz eines Mathematikprogramms wie DERIVE die Möglichkeit, u. U. ,,ganz nebenbei'' (im Rahmen der sowieso anstehenden Wiederholung eines Unterrichtsgegenstands) ein Thema zu behandeln, das man zwar für wichtig (oder interessant) hält, zu dem aber sonst keine Zeit gewesen wäre.
Als Beispiel sei Kapitel 7 genannt, mit Hilfe dessen man das Thema Reihen im Rahmen der Wiederholung der Integrationstechniken behandeln kann. Angesichts der Stundentafelkürzungen der letzten Jahre kann dies durchaus ein interessanter Gesichtspunkt sein.
Ursprünglich hatte ich vor, ein Kapitel über analytische Fragestellungen mit mehreren Variablen aufzunehmen. Dies läßt sich mit DERIVE recht gut durchführen. Das momentane Curriculum der Oberstufe schließt aber eine Behandlung dieses Themenkreises aus Zeitgründen aus. Dies hat mich schließlich dazu bewogen, diesen Stoff durch ein Kapitel über Differentialgleichungen zu ersetzen. Dieses Kapitel gehört durchaus zum Schulstoff, und auch hierfür eignet sich DERIVE sehr gut. Was die angesprochenen Problemstellungen mit mehreren Variablen betrifft, kann ich an dieser Stelle nur auf das zu Beginn zitierte Buch Höhere Analysis mit DERIVE verweisen.
Schließlich ist die Themenauswahl selbstverständlich von DERIVEs Möglichkeiten und nicht zuletzt auch von meinen eigenen Vorlieben geprägt.
Ich gehe in der Folge etwas näher auf die Inhalte der einzelnen Kapitel ein.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Methodik meines Einsatzes von DERIVE sagen. Natürlich kann man DERIVE beispielsweise dazu verwenden, praktisch auf Knopfdruck schnell ein Integral zu berechnen. Damit kommt man auch erstaunlich weit, DERIVE kann weit mehr Integrationen durchführen als jeder Schüler (und ohne jemandem nahetreten zu wollen: als jeder Lehrer). Diese Art des Einsatzes eines Mathematikprogramms macht allerdings gerade in der Schule wenig Sinn. Daher habe ich mich bemüht, DERIVE eher als didaktisches Hilfsmittel denn als eine omnipotente Formelsammlung einzusetzen. Im Mittelpunkt stehen immer mathematische Fragestellungen und nicht DERIVE. In Kapitel 5 wird DERIVE beispielsweise dazu benutzt, das Verständnis für die Integration im archimedischen Sinn zu fördern anstatt DERIVEs Integrationskommando zu strapazieren.
Meine ursprüngliche Planung sah ein einführendes Kapitel über die Benutzung von DERIVE vor. Um dieses Kapitel anbieten zu können, habe ich einige Monate lang vergeblich auf die angekündigte Windows-Version von DERIVE gewartet, welche ich in diesem Kapitel u. a. vorstellen wollte. Aus mehreren Gründen habe ich mich schließlich entschlossen, auf dieses einführende Kapitel zu verzichten. Zum einen wollte ich nicht mehr länger auf die immer wieder verschobene Markteinführung einer Windows-Version von DERIVE warten. Zum zweiten läßt die Computerausstattung der meisten Schulen eine Benutzung von DERIVE unter Windows ohnehin nicht zu. Und zum dritten hat sich in der Praxis gezeigt, daß unsere heutigen Schülerinnen und Schüler mit dem Handling menüorientierter Computerprogramme wie DERIVE im Grunde keine Schwierigkeiten haben. Natürlich dauert es immer eine gewisse Zeit, bis dieses Handling eine gewisse Perfektion erreicht hat, aber diese Eingewöhnungszeit kann auch durch einen einführenden Kursus - für den man im Unterricht wohl sowieso keine Zeit finden dürfte - nicht eliminiert werden. In der Praxis eignen sich die Schülerinnen und Schüler das nötige Wissen über DERIVE recht schnell anhand konkreter Aufgabenstellungen an.
Bedarf für eine Einführung in DERIVE besteht also eher auf der Lehrerseite. Lehrerinnen und Lehrer müssen ja den Unterricht und damit auch den Einsatz von DERIVE vorbereiten. Ich kann diesbezüglich an dieser Stelle allerdings nur auf Kapitel 13 des zu Beginn zitierten Buchs Mathematik mit DERIVE verweisen. Gegebenenfalls kann eine solche Einführung in einer späteren Auflage des vorliegenden Buchs ja nachgeholt werden.
Zur Unterstützung liegt dem vorliegenden Buch eine Diskette bei, die das direkte Laden aller verwendeter DERIVE-Funktionen ermöglicht. Durch diese DERIVE-Funktionen, welche in Kapitel 11 vorgestellt werden, werden neue Funktionalitäten erklärt, z. B. die graphische Darstellung von Iterationsverfahren. Als zusätzliche Hilfestellung für Lehrerinnen und Lehrer sind auf der beiliegende Diskette die gesamten DERIVE-Sitzungen sowie die bearbeiteten Übungsaufgaben der Lehrbücher Mathematik mit DERIVE und Höhere Analysis mit DERIVE enthalten.
Die deutschsprachigen DERIVE-Benutzer haben lange genug eine deutsche Version gefordert, mit der Folge, daß die DERIVE-Entwickler inzwischen eine solche herausgebracht haben. Obwohl ich von dem Nutzen verschiedensprachiger DERIVE-Versionen nicht so überzeugt bin, weil dies einerseits Kompatibilitätsfragen aufwirft (die Versionen haben verschiedene ,,Hotkeys'') und zum anderen Inkonsistenzen mit sich bringt, z. B. entspricht nun dem deutschen Mult Menü das DERIVE-Kommando EXPAND - in der englischen Originalversion heißen natürlich beide EXPAND -, habe ich mich dem Druck gebeugt und die deutschen Menünamen verwendet.
Um trotzdem auch die Verwendung der englischen DERIVE-Version zu ermöglichen, gebe ich daher in Kapitel 12 eine Liste der in diesem Buch verwendeten DERIVE-Menüs und -Kommandos und die entsprechenden Menü- und Kommandonamen der englischen Originalversion von DERIVE. Die jeweils großgeschriebenen Buchstaben sind die ,,Hotkeys'', mit denen der Menüpunkt aufgerufen werden kann. Die Menünamen können auch im DERIVE Stichwortverzeichnis gefunden werden.
Ich bin überzeugt davon, daß der Schuleinsatz von DERIVE in der nahem Zukunft immer größere Bedeutung erlangen wird. Erst vor kurzem hat das Bundesland Hamburg eine Schullizenz für DERIVE erworben und vermutlich werden andere Bundesländer folgen. Nachdem Taschenrechner heutzutage überall Verwendung finden und es dadurch unerläßlich wurde, dies auch im schulischen Mathematikunterricht zu berücksichtigen, wird es zu einer zukünftigen gesellschaftlichen Aufgabe des Schul-, und hier insbesondere des Mathematikunterrichts, der zunehmenden Benutzung von Mathematikprogrammen Rechnung zu tragen. Ich hoffe, daß das vorliegende Buch hierzu einige Anregungen geben kann.
Warum ich gerade DERIVE und nicht beispielsweise Maple, Mathematica oder auch das für akademische Zwecke kostenlose MuPAD zur Grundlage für dieses Schulbuch gemacht habe, möchte ich mit einem Beispiel begründen: Noch Leibniz, der Begründer der Differential- und Integralrechnung, bezweifelte, daß sich die Funktion
elementar integrieren ließe. Dies lag daran, daß er keine echte reelle Faktorisierung des Nenners
finden konnte. Nimmt man nun eines der erwähnten Systeme und
faktorisiert
dieses Polynom, so erhält man wieder die Eingabe zurück.
Dies scheint Leibniz recht zu geben.
Anders DERIVE: Die Anwendung des faKt-Menüs
auf resultiert im Erscheinen eines Untermenüs. Dieses
Untermenü meldet sich mit der Frage an den Benutzer
faKt: Ausmaß: Trivial Squarefree Rational raDical Complex
Dies gibt dem Benutzer, also beispielsweise dem experimentierenden
Schüler, die nötige Information darüber, daß es
verschiedene Algorithmen für unterschiedliche
Faktorisierungsebenen
gibt. Gibt man sich mit einer rationalen Faktorisierung zufrieden
- und dies ist es genau, was jedes der anderen Systeme tut -
werden keine echten Faktoren gefunden. Erst das Erlauben von
Wurzeln, also die Auswahl des raDical-Algorithmus, erzeugt
die Faktoren
Die Auswahl von Complex zerlegt das Polynom weiter, was
aber
für die ursprüngliche Integrationsaufgabe ohne Bedeutung ist.
Ich möchte mich herzlich bedanken für die Anregungen
von Dr. Horst Kuschnerow,
der einige Themen in seinem Leistungskurs an der John-F.-Kennedy-Schule
in Berlin durchgenommen hat und mich auch
am Unterricht teilnehmen ließ. Ferner möchte ich mich
für die vielen Hinweise von Dr. Ingmar Lehmann sowie Dr. Dieter
Schmersau bedanken, die beide eine Erstfassung des Buchs sehr
sorgfältig durchgearbeitet haben, und deren Vorschläge ihren
Niederschlag in
der nun vorliegenden Endfassung gefunden haben.
Schließlich geht mein Dank an den Präsidenten des
Konrad-Zuse-Zentrums Prof. Dr. Peter Deuflhard, ohne dessen
Unterstützung das vorliegende
Buch nicht möglich gewesen wäre.
Berlin, am 27. Juni 1996
Wolfram Koepf