Das Beispiel des Ballwurfs hat gezeigt, dass quadratische
Funktionen in zwei Aspekten von linearen Funktionen abweichen.
Sieht man bei einer linearen Funktion vom Sonderfall
der Parallelen zur
x-Achse
m=0 ab, so werden erstens alle
Zahlen auf der
y-Achse als Werte angenommen und zweitens
besitzen alle diese Werte genau ein Urbild.
Beim Ballwurf liegen die Dinge anders. Die Scheitelhöhe
kann der Ball nicht überschreiten und gewisse Höhen wurden
zu zwei verschiedenen Zeiten durchlaufen.
Wir betrachten zunächst die Normalparabel, die durch
y=
x2
gegeben wird. Sie kann keine Funktionswerte annehmen,
die negativ sind. Ein Quadrat ist immer größer oder gleich Null.
Daraus ergibt sich Null als minimaler Funktionswert der Normalparabel.
Dagegen wird jeder
y-Wert oberhalb des Minimums
tatsächlich als Funktionswert angenommen.
Der Wert
y=0 wird an der Stelle
x=0 angenommen.
Geben wir
y>0 vor, dann gibt
es allerdings zwei Argumente, nämlich
x1
=y
und
x2
=-y
mit
x1
2
=(y
)2
=y
und
x2
2
=(-y
)2
=y.
Bild 3.14
Die Parabel
y=
x2
Interaktion 3.5
Entstehung des Graphen der Normalparabel.
Demonstration der Zuordnung Argument
→ Wert.
Interaktion 3.6
Demonstration: Jeder positive
y-Wert wird an zwei
Stellen angenommen. Demonstration des Minimums (Scheitels).
Nun gehen wir zur allgemeineren (gestreckten) Parabel über:
y=a
x2
.
Im Folgenden sind zwei Fälle
zu unterscheiden: (1)
a<0 und (2)
a>0.
(1) Die Funktionswerte haben einen maximalen Wert
und können höchstens den Wert Null erreichen:
a
x2
≤0,
wobei
a
x2
=0
gleichbedeutend ist mit:
x=
xs
=0
und
y=
ys
=0.
Der Scheitel stellt einen Hochpunkt dar.
(2)
Die Funktionswerte haben einen minimalen Wert
und können den Wert Null nicht unterschreiten:
a
x2
≥0,
wobei
a
x2
=0
wieder gleichbedeutend ist mit:
x=
xs
=0
und
y=
ys
=0.
Der Scheitel stellt einen Tiefpunkt dar.
Bild 3.15
Parabel
y=-
1
2
x2
mit Scheitel und Hochpunkt
(links) und
Parabel
y=2
x2
mit Scheitel und Tiefpunkt (rechts)
Als Nächstes werden wir den Graphen der Parabel verschieben.
Addiert man einen konstanten Wert
zum Funktionsterm, so wird die
Parabel parallel zur
y-Achse verschoben.
Beispielsweise wird die um zwei Einheiten nach oben verschobene Normalparabel durch die Funktionsgleichung
y=
x2
+2, die um drei Einheiten nach unten verschobene Normalparabel durch
y=
x2
-3 beschrieben.
Bild 3.16
Links:
y=
x2
+2. Rechts:
y=
x2
-3
Die Verschiebung parallel zur x-Achse geschieht durch Subtraktion eines konstanten Werts von der Variablen
x im Funktionsterm. So wird die um zwei Einheiten nach rechts verschobene Normalparabel durch
y=(x-2
)2
, die um vier Einheiten nach links verschobene Normalparabel durch
y=(x+4
)2
beschrieben.
Bild 3.17
Links:
y=(x-2
)2
. Rechts:
y=(x+4
)2
Natürlich können wir die Parabel auch
nacheinander in
x- und
y-Richtung verschieben. So hat die um drei Einheiten nach unten und um zwei Einheiten nach links verschobene Normalparabel die Funktionsgleichung
y=(x+2
)2
-3.
Aus dieser Darstellung der Funktionsgleichung lässt sich leicht die Lage des Scheitelpunktes ablesen, der bei
(-2,-3) liegt.
Schließen wir den Streckungs- bzw. Stauchungsfaktor
a in die Funktionsvorschrift mit ein, gelangen wir schließlich zur Scheitelform:
Info 3.8
Eine Funktionsgleichung
y=a(x-
xs
)2
+
ys
wird Scheitelform einer Parabel genannt.
Wir lösen die Scheitelform der Parabel nach
x auf:
y=a(x-
xs
)2
+
ys
⟺
y-
ys
a
=(x-
xs
)2
und demnach:
x1/2
=
xs
±
y-
ys
a
.
Das Quadrat
(x-
xs
)2
darf nicht
negativ werden. Hieraus folgt, dass für
a>0 keine
Funktionswerte
y kleiner als
ys
, bzw. für
a<0 keine
Funktionswerte
y größer als
ys
angenommen werden. Für die
übrigen Funktionswerte mit Ausnahme von
y=
ys
erhalten wir
genau zwei Urbilder.
Bild 3.19
Parabel
y=a(x-
xs
)2
+
ys
mit Scheitel und Hochpunkt bzw. Tiefpunkt
Info 3.9
Bei einer Parabel
y=a(x-
xs
)2
+
ys
haben wir für
a<0 einen Hochpunkt und für
a>0 einen Tiefpunkt im Scheitel. Werte oberhalb
bzw. unterhalb des Scheitelwertes werden nicht
als Funktionswerte angenommen.
Werte unterhalb
bzw. oberhalb des Scheitelwertes werden an zwei verschiedenen
Stellen als Funktionswerte angenommen.
Interaktion 3.7
Quadratische Funktionen in Abhängigkeit von
Parametern
a und dem Scheitel
(
xs
,
ys
).
Die Scheitelform der Parabelgleichung
y=a(x-
xs
)2
+
ys
multiplizieren wir aus
und ordnen nach Potenzen von
x:
y
=
a(x-
xs
)2
+
ys
=
a(
x2
-2
xs
x+
xs
2
)+
ys
=
ax2
-2
xs
ax+
axs
2
+
ys
.
Dies führt auf die allgemeine quadratische Funktionsgleichung der Form:
y=
ax2
+bx+c.
Mit einer Gleichung dieser Gestalt wurde der Zusammenhang zwischen der Zeit
x und dem Abstand
des Balles vom Boden erfasst.
Info 3.10
Zuordnungen der Form
y=a
x2
+bx+c mit beliebigen,
konstanten Zahlen (Parametern)
a,
b und
c (mit
a≠0)
bezeichnen wir als quadratische Zuordnungen oder quadratische
Funktionen.
Die
x-Werte werden wieder als Argumente (Stellen), die
y-Werte als Funktionswerte bezeichnet.
Die Graphen quadratischer Funktionen stellen Parabeln dar.
Wenn nichts anderes gesagt wird, soll der Parameter
a
nicht Null sein:
a≠0. Denn für
a=0 bekommen wir den
Sonderfall der bereits bekannten linearen Funktion.
Interaktion 3.8
Quadratische Funktionen in Abhängigkeit von Parametern (a,b,c).
Wir fragen nun, welche Werte bei quadratischen
Funktionen
y=a
x2
+bx+c angenommen werden können und
an welchen Stellen dies geschieht? Hierzu nehmen wir die
quadratische Ergänzung zu Hilfe (
a≠0) und schreiben die
Gleichung einer quadratischen Funktion in der Scheitelform:
y=a
x2
+bx+c=a(
x2
+2
b
2a
x+
b2
4
a2
)+c-
b2
4a
=a
(x+
b
2a
)2
+c-
b2
4a
.
Aufgabe 3.25
Prüfen Sie die Überführung in die Scheitelform nach.
Lösung ansehen
Die Ergebnisse beim Sonderfall
y=a
x2
lassen sich
unmittelbar übertragen.
Info 3.11
Der Punkt
(
xs
;
ys
)=(-
b
2a
;c-
b2
4a
)
heißt Scheitel der Parabel
y=a
x2
+bx+c.
Im Fall
a<0 stellt der Scheitel einen Hochpunkt dar.
(Der Scheitelwert ist das Maximum aller Funktionswerte).
Im Fall
a>0 stellt der Scheitel einen Tiefpunkt dar.
(Der Scheitelwert ist das Minimum aller Funktionswerte).
Wir haben gesehen: eine Gerade wird durch zwei Punkte festgelegt.
In eine Geradengleichung
y=mx+b gehen zwei Parameter ein. In
die Gleichung einer Parabel
y=a
x2
+bx+c gehen drei Parameter
ein. Man kann sich überlegen, dass drei Punkte eine Parabel
festlegen. Die Lösung dieser Aufgabe führt allerdings auf ein
System von drei Gleichungen für drei Unbekannte. Übersichtlicher
wird das Problem, wenn man die Scheitelgleichung zugrunde legt.
Info 3.12
Durch die Vorgabe des Scheitelpunkts
(
xs
;
ys
)
und eines weiteren Punktes
(
x0
,
y0
) wird eine
Parabel festgelegt:
y=a(x-
xs
)2
+
ys
Der Parameter
a wird aus der Gleichung ermittelt:
y0
=a(
x0
-
xs
)2
+
ys
.
Es gibt einen weiteren wesentlichen Unterschied zwischen
linearen und quadratischen Funktionen.
Betrachten wir bei einer
linearen Funktion
y=mx+b
die Funktionswerte an der Stelle
x
und an der Stelle
x+Δx.
Dem Zuwachs
Δx im Argument
entspricht der Zuwachs der Funktionswerte:
(m(x+Δx)+b)-(mx+b)=mΔx.
Diese Überlegung bringt noch einmal zum Ausdruck, dass in jedem
Steigungsdreieck der selbe Anstieg herrscht. Bei quadratischen
Funktionen
y=a
x2
+bx+c ist das nicht mehr der Fall. Dem
Zuwachs
Δx im Argument entspricht der Zuwachs der
Funktionswerte:
(a(x+Δx
)2
+b(x+Δx)+c)-(a
x2
+bx+c)=a(2xΔx+(Δx
)2
)+bΔx.
Der Zuwachs der Funktionswerte ist nicht unabhängig
von der Stelle
x, in welcher der Zuwachs im Argument
abgetragen wird.
Interaktion 3.9
Steigungsdreiecke bei Parabeln.