3 Funktionen

Genetische Hinführung

Unterabschnitte


Wir stellen uns vor, dass Hermann auf dem schiefen Turm von Pisa einen Ball senkrecht nach oben wirft. Der Ball unterliegt der Erdanziehungskraft und fällt zu Boden. Aus dem Newtonschen Axiom
Kraft = Masse × Beschleunigung

und der Erdbeschleunigung
g=9,81 m s2

erhält man das Weg-Zeit-Gesetz für den freien Fall. Wir lassen die Bewegung zum Zeitpunkt x0 =0 beginnen und geben zu späteren Zeiten x den Abstand des Balles vom Boden y an. Wir benötigen noch Angaben über die Anfangshöhe y0 (Abstand des Balles vom Erdboden zur Zeit x0 =0) und über die Anfangsgeschwindigkeit v0 (Geschwindigkeit, mit welcher der Ball nach oben geworfen wird). Nehmen wir y0 =52m für die Höhe des schiefen Turmes von Pisa und v0 =10 m s , dann ergibt sich folgendes Weg-Zeit-Gesetz:
y=- 1 2 ·9,81 x2 +10x+52,

welches die Zuordnung Zeit Abstand des Balles vom Erdboden beschreibt. (Die Zeit x wird hierbei in Sekunden und die Höhe y in Metern angegeben, die Einheiten wurden der Einfachheit halber weggelassen).

Film 3.2 Der Film zeigt diesen Versuch. Die Begriffe Wertetabelle, Zuordnungsvorschrift und Graph werden veranschaulicht.
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Aufgabe 3.22 Berechnen Sie, welchen Abstand vom Erdboden der Ball nach einer Sekunde, zwei, drei, vier und fünf Sekunden hat.
Sekunden: 1 2 3 4 5
Höhe:
Geben Sie die Ergebnisse auf eine Stelle nach dem Komma gerundet in die dafür vorgesehenen Kästchen ein. Über den Kontrollbutton lässt sich Ihre Eingabe überprüfen.
 
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Offensichtlich endet die Fallbewegung mit dem Zeitpunkt xA , in welchem der Ball auf den Erdboden trifft. Welche Fallzeit gehört zum Bodenabstand Null? Wir bekommen folgende Bedingung:
- 1 2 ·9,81 x2 +10x+52=0.

Im Unterschied zu Nullstellen von Geraden haben wir nun eine quadratische Gleichung. Wir formen um:
x2 - 2 9,81 ·10x- 2 9,81 ·52=0

bzw.
x2 - 20 9,81 ·x- 104 9,81 =0.

Nach der p- q-Formel besitzt die quadratische Gleichung
x2 +px+q=0

folgende Lösungen:
- p 2 ± ( p 2 )2 -q.

Im vorliegenden Beispiel erhält man:
xA = 10 9,81 ± 102 9,812 + 104 9,81 .

Infrage kommen also die Zeitpunkte
xA = 10 9,81 + 102 9,812 + 104 9,81 =4,43119

und
xA = 10 9,81 - 102 9,812 + 104 9,81 =-2,39246.

Die negative Fallzeit kann ausgeschlossen werden. Dieser Zeitpunkt liegt in der Vergangenheit vor dem Beginn des Ballwurfs. Der Ball trifft somit nach der Fallzeit von xA =4,43119 (in Sekunden) auf dem Boden auf.
aufprall.png
Bild 3.9 Zeit des Aufpralls des Balls auf den Boden
Schauen wir uns nun den Vorgang noch einmal vollständig an:
Nach dem Hochwerfen gewinnt der Ball zunächst an Höhe. Er steigt auf bis zum Umkehrpunkt (Scheitelpunkt), geht dort in die Fallbewegung über und fällt dann zu Boden. Alle Höhen oberhalb der Ausgangshöhe werden zweimal durchlaufen. Einmal in der aufsteigenden und einmal in der fallenden Bewegung. Die einzige Ausnahme bildet die Scheitelhöhe, die nur zu einem einzigen Zeitpunkt erreicht wird. Damit unterscheidet sich diese quadratische Funktion von den linearen Funktionen, wo von Ausnahmen abgesehen, nur ein Urbild zu einem Bild gehören kann.
hoehen.png
Bild 3.10 Höhen oberhalb von y0 =52 und Scheitelhöhe
Für Höhen y ergibt sich die Durchlaufzeit aus der Gleichung:
- 1 2 ·9,81 x2 +10x+52=y

bzw.

x2 - 2 9,81 ·10x- 2 9,81 ·52+ 2 9,81 ·y=0.

Wir lösen die Gleichung wieder mit der p- q-Formel:
x = 10 9,81 ± 102 9,812 + 104 9,81 - 2 9,81 y = 10 9,81 ± 1 9,81 102 +9,81·104-2·9,81·y.

Die Lösungsformel lässt folgende Schlüsse zu:
  • Die Scheitelhöhe ys liegt vor, wenn der Ausdruck unter der Wurzel verschwindet:
    (**)    102 +9,81·104-2·9,81· ys =0,

    also
    ys =52+ 1 2 · 102 9,81 =52+5,09684=57,0968

  • Höhen y> ys werden überhaupt nicht erreicht. Denn der Ausdruck unter der Wurzel wird kleiner als Null
    102 +9,81·104-2·9,81·y<0

    und wir können keine (reelle) Wurzel ziehen.
  • Höhen 52<y< ys werden zu zwei verschiedenen positiven Zeitpunkten erreicht. Es gilt
    102 +9,81·104-2·9,81·y>0

    und sowohl die positive als auch die negative Wurzel führen auf eine Durchlaufzeit.
  • Höhen 0y<52 werden zu einem einzigen positiven Zeitpunkt erreicht. Nur die positive Wurzel kommt in Frage. Die negative Wurzel führt auf eine negative Durchlaufzeit und muss ausgeschlossen werden.
hoehenz.png
Bild 3.11 Zu verschiedenen Höhen gehörende Zeiten
Aufgabe 3.23 Berechnen Sie, zu welchen Zeiten die Höhen y=54 und y=40 durchlaufen werden.
54m: 
und  
40m: 
Geben Sie die Ergebnisse auf Millisekunden gerundet in die dafür vorgesehenen Kästchen ein. Über den Kontrollbutton lässt sich Ihre Eingabe überprüfen.
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Die Scheitelhöhe stellt das Maximum der erreichbaren Höhen dar. Wir können das Maximum der Funktionswerte der quadratischen Funktion mittels Differentialrechnung bestimmen. Wir können aber auch elementar mit Gleichung (**) und der p- q-Formel zum Ziel kommen. Wir brauchen diese Formel nicht einmal explizit zu benutzen, wie folgende Überlegung zeigt (Qudratische Ergänzung, siehe Kapitel 1):
y = - 1 2 ·9,81 x2 +10x+52 = - 1 2 ·9,81( x2 - 20 9,81 x)+52 = 52+ 1 2 · 102 9,81 - 1 2 ·9,81 (x- 10 9,81 )2 = 57,0968- 1 2 ·9,81 (x- 10 9,81 )2 .

Die Höhe y wird als Differenz dargestellt. Von der Scheitelhöhe: ys =57,0968 wird folgende Höhe abgezogen:
1 2 ·9,81 (x- 10 9,81 )2 .

Am wenigsten, nämlich nichts, wird abgezogen zur Zeit
xs = 10 9,81 =1,01937.

Nehmen wir nun an, Heidrun ist nicht so kräftig wie Hermann und kann nur eine Anfangsgeschwindigkeit von 5 m/s realisieren. Sie stellt sich aber dafür auf einen Stuhl und erreicht die Anfangshöhe 53 m. Welche Scheitelhöhe erreicht der Ball nun und wie lange bleibt er in der Luft? Das Weg-Zeit-Gesetz lautet mit den neuen Anfangsbedingungen:
y=- 1 2 ·9,81 x2 +5x+53.

Die Höhe y kann hier als Differenz dargestellt werden:
(1)      y=53+ 1 2 · 52 9,81 - 1 2 ·9,81 (x- 5 9,81 )2 .

Hieraus ergibt sich die Scheitelhöhe:
ys =53+ 1 2 · 52 9,81 =53+1,27421=54,27421.

Die Zeit, die vergeht bis der Ball auf den Boden auftrifft, beträgt:
(2)       xA = 5 9,81 + 52 9,812 + 2·53 9,81 =3,83611.

2wuerfe.png
Bild 3.12 Die beiden Wurfparabeln y=- 1 2 ·9,81 x2 +10x+52 und y=- 1 2 ·9,81 x2 +5x+53
Aufgabe 3.24 Leiten Sie die Gleichungen (1) und (2) her.
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Interaktion 3.4 Gezeigt wird der Einfluss der Anfangsgeschwindigkeit und der Anfangshöhe auf die Wurfparabel (Schieberegler).
Wir fragen noch, welche Anfangshöhe y 0 benötigt Heidrun mit der Anfangsgeschwindigkeit 5m/s, damit sie dieselbe Scheitelhöhe erreicht wie Hermann mit der Anfangshöhe 52m und der Anfangsgeschwindigkeit 10m/s?
Für Heidrun ergibt sich folgende Scheitelhöhe:
y s = y 0 + 1 2 · 52 9,81 .

Gleichsetzen der Scheitelhöhen liefert die Bedingung:
y 0 + 1 2 · 52 9,81 =52+ 1 2 · 102 9,81

mit der Lösung:
y 0 =52+ 1 2 · 102 9,81 - 1 2 · 52 9,81 =55,8226.

2wgh.png
Bild 3.13 Die beiden Wurfparabeln
y=- 1 2 ·9,81 x2 +10x+52 und y=- 1 2 ·9,81 x2 +5x+55,8226
Wenn man einen Ball in der Höhe 52m mit 10m/s nach oben wirft und zugleich einen Ball in der soeben berechneten Höhe y0 mit 5m/s, zu welcher Zeit würden sich die Bälle dann treffen?
Wir setzen die Höhen gleich:
- 1 2 ·9,81 x2 +10x+52=- 1 2 ·9,81 x2 +5x+55,8226

und bekommen:
10x+52=5x+55,8226

bzw.
x=0,76452.

Die Bälle treffen sich also nach 0,76452 sec.

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